Im diesem „Making-of“ möchte ich die Entstehung eines einfachen Vogelportraits vorstellen.
Ausgangslage
Von den etwas grösseren „wilden Tieren“ (mal von Insekten abgesehen) sind Vögel wohl diejenigen Tiere, welche uns am nächsten kommen und in grösserer Zahl fast überall vorkommen. Es liegt also nahe, nach den ersten erfolgreichen Haustier-Fotoversuchen
sich diese Viecher fotografisch als nächstes Objekt vorzunehmen, wenn man gerne Fotos von Tieren macht. Allerdings sind die meisten Vögel enorm scheue und aufmerksame Tiere, weshalb es gar nicht so einfach ist, diese mit der Kamera abzulichten. Mit der Kamera durch die Gegend zu streifen und dabei zu hoffen, einem Vogel aus nächster Nähe zu begegnen oder diesen nach einer „Verfolgung“ doch noch aus kürzerer Distanz fotografieren zu können ist meist ein erfolgloses Vorgehen. Erfolg versprechender ist, dem Vogel nicht nachzujagen, sondern darauf zu warten, bis sich dieser selber auf fotografische Distanz nähert. Dazu sind ein paar „Vorbereitungsarbeiten“ von Vorteil, um den Vogel anzulocken. Das Ziel sollte sein, ein möglichst natürliches Vogelportrait zu erhalten.
Vorbereitung
Um einen Vogel an einen bestimmten Ort hinzulocken gibt es mehrere Methoden. Neben Futter sind Wasser, Attrappen oder das Abspielen von Vogelstimmen gebräuchliche Anlockmittel. Für heimische Gartenvögel eignet sich natürlich die Winterfütterung bestens, um die Tiere in die Nähe zu locken. Allerdings wirken Aufnahmen von Vögeln am Futterbrett, am Meisenknödel o.ä. nicht sehr natürlich und eher „amateurhaft“. Entscheidend für ein natürliches Vogelportrait sind der „Ansitz“ (also, auf was sich der Vogel niedersetzt auf dem Bild) und ein möglichst in Unschärfe aufgelöster Hintergrund.
Als „Ansitz“ habe ich für das hier vorgestellte Portrait einen alten, mit Moos überwachsenen Ast ausgesucht. Ambitionierte Vogelfotografen verbringen viel Zeit damit, schöne, geeignete Äste oder Zweige zu suchen, die auf den Bildern fotogen aussehen. Kleine Blüten, Beeren oder wie hier Moos machen sich oft sehr gut auf Fotos. Damit sich ein Vogel später auf den Ast setzt, habe ich am unteren Ende des Astes Futter in einem Küchensieb bereitgestellt. Den Ast selber „befestigte“ ich mit Steinen in einem Blumentopf. Hier sind der Fantasie natürlich keine Grenzen gesetzt und natürlich sind auch andere Befestigungsmethoden denkbar. Wer das Futter länger als nur für die Fotosession stehen lässt, sollte unbedingt darauf achten, dass keine Katzen in die Nähe des Futters gelangen. Ansonsten gerät die Futterstelle für die Vögel zur tödlichen Falle. Hier mal der Futterast (Leider sieht man den nicht so deutlich):
Ohne Versteck ist es auch trotz des Futters kaum möglich, an die Vögel heranzukommen. Als Versteck benutze ich deshalb ein kleines Tarnzelt. Aber auch eine Gartenhütte, ein gespanntes Tarnnetz oder sogar hinter dem Fenster des Wohnzimmers wären Möglichkeiten sich vor den Vögeln zu verbergen. Da Vögel sehr aufmerksam sind, lasse ich das Tarnzelt einige Tage stehen, damit sie sich daran gewöhnen, bevor ich die ersten Aufnahmeversuche mache. Es empfiehlt sich auch, eine Attrappe des Objektives während der Zeit, die man nicht im Versteck verbringt, zu montieren, damit die Vögel nicht durch ein neues „Objekt“ abgeschreckt werden. Im Garten habe ich einen geeigneten Platz ausgewält, um das Tarnzelt und den „Futterast“ zu platzieren. Der Platz sollte nicht zu schattig sein und idealerweise in der Nähe von Bäumen, Hecken o.ä. sein, damit sich die Vögel langsam dem Futter nähern können.
(Wie man sieht reicht schon ein recht kleines Stückchen Garten aus, wenn man gewisse Abstriche wie den Duft des Komposthaufens usw. in Kauf nimmt
.). Das Tarnzelt ist nicht sehr geräumig, aber es reicht, um einige Zeit darin auszuhalten. Neben dem Objektiv habe ich einen kleinen Schlitz offen gelassen, um einen Ausblick nach vorne auf den Futterast zu haben, ohne durch die Kamera schauen zu müssen.
Den „Futterast“ stelle ich etwas weiter weg als die Nahdistanz meines Objektives ist. Jedes Objektiv besitzt eine „Nahdistanz“, welche nicht unterschritten werden darf, damit der Autofokus der Kamera noch funktioniert oder das Objektiv überhaupt scharf gestellt werden kann. Die minimale Distanz findet man leicht selber, wenn man sich einem Objekt mit der Kamera nähert und dabei mit dem Autofokus kontinuierlich auf das Objekt scharf stellt. Ab einer gewissen Distanz funktioniert der Autofokus nicht mehr. Beim Platzieren des „Futterastes“ achte ich auch darauf, dass sich hinter dem Ast mindestens noch einmal dieselbe Distanz -besser die doppelte Distanz- wie von der Kamera bis zum „Futterast“ nichts befindet. So ergibt sich im späteren Bild ein schön „verwischter“ unscharfer Hintergrund.
Kameraeinstellungen
Vögel sind flink, sehr flink sogar, deshalb muss auch die Kamera entsprechend vorbereitet sein, damit ein scharfes Bild gelingt. Ich nutze normalerweise den Modus „Blendenpriorität“ AV (Bei Canon, wie dies bei Nikon usw. heisst, weiss ich leider nicht) und versuche, mit Blenden zwischen f5.6 und f8 zu fotografieren. Die Belichtungszeit sollte dabei 1/160 Sekunde (auf stabilem Stativ!) nicht unterschreiten. Schon dieser Wert ist recht kritisch, um keine Bewegungsunschärfe im Bild zu erhalten, ich habe damit jedoch gute Erfahrungen gemacht. In der Regel wird man die ISO hoch setzen müssen, um die erwähnten Werte zu erhalten. Nur bei vollem Sonnenschein wird man mit ISO 100 durchkommen. Viel Sonne eignet sich jedoch kaum für ansprechende Portraits. Weiter stelle ich die Kamera auf Serienbild und setze die Autofokuseinstellung auf die kontinuierliche Scharfstellung AI Servo (wieder nur die Canon-typische Bezeichnung). Und zum Schluss wähle ich nur das mittlere Fokusfeld für die Fokussierung aus, da dieses meist am genauesten fokussiert und ich die genaue Kontrolle über den Fokus habe. Als Objektiv empfiehlt sich natürlich ein Objektiv mit möglichst grosser Brennweite (300mm und mehr). Ansonsten muss man schon sehr nahe ran und wird trotz Versteck möglicherweise die Vögel abschrecken.
Das erste Bild
Zuerst mache ich ein Bild nur vom Ast ohne Vogel. Damit ist das Objektiv schon mal auf den Ast und den später darauf sitzenden Vogel „vorfokussiert“ und ich kann den Hintergrund und mit dem Histogramm die Belichtung kontrollieren.
Nun gilt es nur noch zu warten, bis sich die ersten Vögel auf dem Ast niederlassen, um ans Futter zu gelangen.
Aufnahmen
Landet tatsächlich ein Vogel auf dem Ast, muss alles sehr schnell gehen. Nach zwei, drei Sekunden sind die meisten Vögel schon wieder weg. Erschwerend für die Aufnahme kommt hinzu, dass der Fokus genau auf dem Auge des Vogels sitzen sollte. In der kurzen Zeit während sich der Vogel auf dem Ast befindet gilt es also, mit dem mittleren Fokusfeld möglichst auf das Auge des Vogels zu zielen und dabei den Auslöser gedrückt zu halten, um eine Serie von Bilder zu schiessen. Klar ist dabei viel Ausschuss dabei. In der Regel erhält man jedoch doch die eine oder andere scharfe Aufnahme mit dem Vogel in einer schönen Pose.
Nachbearbeitung
Da oft mit einem etwas höheren ISO-Wert fotografiert werden muss, ist der erste Schritt bei der Nachbearbeitung des Bildes am Computer eine Entrauschung. Es reicht dabei, nur den Hintergrund zu entrauschen. Dies wird durch Maskierung des Vogels und Ausschluss von der Entrauschung erreicht. Meistens erhöhe ich auch noch die Dynamik (ca. +20 bis 30 in Lightroom) und erhöhe etwas den Kontrast im Bild. Je nach Motiv sind auch noch lokale Abdunklungen oder Aufhellungen notwendig. Durch die Wahl des mittleren Fokusfeldes befindet sich der Vogel immer in der Mitte des Bildes, was gestalterisch meistens eher langweilig wirkt. Als Abschluss beschneide ich deshalb das Bild, um eine etwas spannendere Komposition zu erreichen.
Das finale Bild
Und zum Schluss wieder hier das finale Bild:
Fazit
Ohne etwas Vorbereitung wird man kaum zu einem natürlichen Vogelbild kommen (ausser man besitzt ein sehr langes Teleobjektiv, mit dem die Tiere auf grössere Entfernung fotografiert werden können.). Mit geringem Aufwand und etwas Zeit gelingen aber schon ansprechende Aufnahmen. Im obigen Beispiel wären noch etwas besseres Licht (war heute nicht gerade ideales Wetter zum Fotografieren) und ein etwas optimierter Ansitzast von Vorteil. Aber zur Demonstration des Vorgehens und was damit erreicht werden kann reichts hoffentlich
.
Weiterführende Informationen
Wer sich für diese Art der Vogelfotografie interessiert, dem sei die Seite von
Alan Murphy ans Herz gelegt. Er vertreibt auf der Seite auch zwei sehr gute Ebooks und Videos zum Thema Vogelfotografie. Leider sehr teuer, dafür aber auch sehr nützlich