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Jan Gruber
Es war eine weite Reise bis hierher. Das iPad ist mittlerweile über 10 Jahre alt, in dieser Zeit hat sich die Auffassung des Herstellers zum Thema Tastatur weitgehend geändert. Jetzt schlägt Apple ein neues Kapitel auf und schenkt dem Tablet mit dem Magic Keyboard for iPad sogar ein Trackpad. All das in einem Case – zu einem stolzen Preis. Ob sich die Investition lohnt?
Es beginnt wie jede klassische Apple-Erfolgsgeschichte. Der Konzern ist erneut „spät bei der Party“, verpackt eigentlich bekannte Funktionen in einem sehr teuren Gewand und mischt so am Ende alle auf. Ob das auch beim Magic Keyboard for iPad Pro so sein wird? Das gilt es noch zu beweisen.
Apple tat sich im Rahmen der Vorstellung des Magic Keyboard durchaus schwer. Ohne Keynote galt es, den Nutzern ein sehr teures Zubehör schmackhaft zu machen. Ein Schritt war dabei klug: Das Magic Keyboard ist ebenfalls mit dem iPad Pro aus 2018 kompatibel. Ein zweiter Schritt ist nicht ganz geglückt: Es wäre vermessen, ein Keyboard mit Trackpad für ein Tablet als Innovation zu verkaufen. Das Surface hat schließlich Microsoft, bereits vor einigen Jahren, erfunden, …
Die kleinen Unterschiede
Vergleiche mit dem Surface gab es in den letzten Wochen viele – diese sind durchaus amüsant, letztlich jedoch größtenteils falsch. Darum möchte ich gleich zu Beginn meines Artikels damit ausräumen.
Erstens: Das Surface ist kein Tablet. Microsoft bietet einen kleinen Tablet-Computer mit vollwertigem Windows an. Das hat Vor- und Nachteile. Es ist nicht so, als wäre das Konzept nicht interessant, ich selbst bin seit etwas über einem Jahr begeisterter Nutzer eines Surface. Gerade deshalb kann ich sagen: Ein iPad mit Trackpad macht kein Surface.
Apple setzt beim Magic Keyboard wirklich auf ein völlig eigenes, neuartiges Design – dadurch hebt sich das Magic Keyboard deutlich ab.
Konstruktion
In den letzten Wochen war ich sehr skeptisch, was das neue Zubehör von Apple anbelangt. Negativ fällt sofort das Gewicht auf, meine 11-Zoll-Variante kommt auf 601 Gramm. Das Gewicht ist aber letztlich aus mehreren Gesichtspunkten tatsächlich ein notwendiges Übel, das Apple in jeder Hinsicht schlau nutzt.
Der Umschlag sitzt exorbitant fest rund um das Tablet – so fest, dass das Öffnen mit einer Hand am Anfang eine große Herausforderung darstellt. Mit kleinen Kniffen ist es aber möglich. Das Tablet selbst hebt sich von den unteren 25 Prozent der Rückseite ab und schwebt dann frei über der Tastatur. Der Winkel liegt zwischen 90 und 130 Grad. Innerhalb dieser Grenzen ist das Tablet frei einstellbar.
Bei der Tastatur hat Apple einige Änderungen vorgenommen. Der Hersteller setzt auf ähnliche Tasten wie beim aktuellen MacBook Air (oder MacBook Pro 16), dazu kommt eine Hintergrundbeleuchtung. An der Rückseite ist eine kleine runde Leiste, in der sich auch ein USB-C-Anschluss (der ausschließlich das Tablet laden kann) befindet, angebracht. Die Verbindung zwischen dem Zubehör wird per Smart Connector aufgenommen, damit braucht die Tastatur selbst auch keinen eigenen Akku.
Apple hatte die große Herausforderung, das Notebook konstruktionstechnisch vom Prinzip her auf den Kopf zu stellen. Während bei Notebooks grundsätzlich die Basis die Technik enthält und damit deutlich schwerer ist, ist dies beim iPad genau umgekehrt. So muss die Tastatur ein durchaus hohes Eigengewicht mitbringen, um so auch stabil zu stehen. Die schwebende Konstruktion erhöht den Schwerpunkt weiter. Trotz allem waren meine Befürchtungen unbegründet: Das Tablet steht zu jeder Zeit stabil – auf dem Tisch, auf dem Schoß und auch im Zug.
Verarbeitung und Qualität
In diversen Foren häuften sich die Berichte über Verarbeitungsprobleme beim Magic Keyboard – ich gehe davon aus, dass dies – wie so oft – eine mangelhafte Charge war. So oder so sollte Apple angesichts des Preises höhere Anforderungen an die Qualitätskontrolle stellen.
Ich kann jedoch von keinem Problem berichten. Die Verarbeitung ist auf einem hohen Niveau. Das Cover ist deutlich stabiler als die Vorgänger, alle Teile sind hochwertig und gut verarbeitet.
Nach wenigen Tagen kann ich vor allem einen Nachteil feststellen: Die Tastatur ist deutlich anfälliger für Fingerfett oder andere Verschmutzungen. Außerdem sind die Tasten eben nicht mehr völlig überzogen. Das könnte sich in Sachen Verschmutzung vielleicht auch noch negativ auswirken, …
Handhabung
Alle meine Artikel entstanden diese Woche auf dem Magic Keyboard for iPad Pro – und viele weitere werden es auch noch. Die Tastatur ist wirklich gelungen. Die Tasten sind grundsätzlich überraschend groß, Kompromisse gibt es bei der 11-Zoll-Version dennoch: Tasten für Umlaute und die rechten Sonderzeichen fallen sehr klein aus. Positiv möchte ich die Rückkehr zum Inverted-T bei den Pfeiltasten erwähnen (im Vergleich zum Butterfly Keyboard der MacBooks). Nach minimaler Umstellungszeit habe ich aber keine Probleme, Texte auch schnell zu tippen.
Ein Nachteil ergibt sich für mich aus der Konstruktion. Das freischwebende Tablet ist sehr stabil, tippen auf dem Screen ist möglich, zeichnen kurzfristig auch. Auf der anderen Seite schwebt das Display aber leicht über die Zahlentasten, je nach Winkel. Bei der maximalen Einstellung muss der Nutzer so unter das Tablet greifen. Funktionstasten gibt es ebenfalls nicht.
Generell gibt es weniger Faltmöglichkeiten als früher. Es ist nicht möglich, den Tastaturteil hinter das Display zu falten. Das Tablet auf einer schmalen Fläche aufzustellen, ist daher nicht möglich.
Die Maus macht's dann doch, …vielleicht
Zum Trackpad an sich gibt es wenig zu sagen. Kaum ein Hersteller versteht es, so gute Trackpads zu bauen. Während Apple beim MacBook immer mehr zu Gigantismus tendiert, ist die Fläche gerade bei der 11-Zoll-Variante eher klein – aber nicht zu klein. Die Verarbeitung ist auf einem hohen Niveau und alle Gesten werden unterstützt. Letzteres ist am Ende aber keine Funktion des Zubehörs an sich, sondern eine, die iPadOS 13.4 mitbringt. Das ist jedoch ein anderes Thema …
Eines bleibt aber festzuhalten: Es liegt nicht nur an Apple, den Support für das Trackpad herzustellen. Wie immer sind auch alle App-Anbieter gefragt. Auch wenn es bereits viele große Hersteller gibt, die auf den Zug aufgesprungen sind, sind wir weit davon entfernt, von der Mehrheit zu sprechen. Alle werden es, wie wir von anderen Neuerungen wissen, dann doch nie sein.
Fazit Magic Keyboard for iPad Pro
Gerade was das Zubehör betrifft, hat Apple mittlerweile jedes Maß verloren. Zubehör für jenseits der 300 Euro ist wirklich eine starke Ansage. Ich habe mich jahrelang gewehrt, diese Preise zu zahlen, bis ich dann doch das Smart Keyboard kaufte und leider absolut begeistert war.
Das Magic Keyboard for iPad Pro ist ohne Frage eine kleine Meisterleistung in Sachen Ingenieurskunst. Trotz allem hat die Konstruktion auch unübersehbare Nachteile. Es wirkt immer etwas absurd: Es scheint, als wäre das beste Design lang gefunden. Ob es sich Surface nennt? Sicher nicht. Es nennt sich Laptop – da waren Surface und iPad Pro mit ganz viel Magic noch nicht einmal feuchte Träume ihrer Designväter, …
Nichtsdestotrotz möchte ich das Magic Keyboard seit der ersten Minute nicht mehr missen. In den letzten Tagen erreichten mich unzählige Anfragen, ob das Zubehör wirklich notwendig und das Geld wert ist. Und an dieser Stelle möchte ich eine klare Antwort geben: Ich kann es euch beim besten Willen nicht sagen. Es hängt extrem vom Einsatzzweck ab – und für ein „ab und zu werde ich es sicher brauchen“ ist das Magic Keyboard for iPad Pro simpel zu teuer.
Hier soll es sich weitgehend um einen objektiven Bericht handeln, wir werden das Thema redaktionell noch weiter aufarbeiten und uns mit Meinungen zu Wort (und Sprache und Video) melden. Meinungen, die auch in der Redaktion durchaus auseinandergehen. Wir haben uns auch schon bei Apfeltalk Live mit der neuen Hardware beschäftigt.
Das Magic Keyboard für iPad Pro wird ab 339 Euro bei Apple direkt angeboten.
Das Magic Keyboard for iPad Pro wurde für diesen Test selbst erworben und bezahlt.
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